Sonntag, 8. Mai 2011

Muttertag

Ha, Muttertag … oder SchlechtesGewissenBeruhigungsTag?

Das habe ich an meine Facebook-Mauer geschrieben. Warum eigentlich. Habe ich ein Problem mit den Müttern dieser Erde? Habe ich kein schlechtes Gewissen und will nur anderen den Spiegel vorhalten? Oder warum habe ich diese, recht spontane, Äußerung gepostet?

Nun, es ist schon so, dass ich alle Jahre wieder, genau wie mit dem Valentinstag, so meine Probleme mit diesen AufkeinenFalldarfstDudenvergessenTagen habe. Denn: warum muss ich ausgerechnet an diesem Tag Dinge tun, die ich sonst auch nicht mache? Gibt es nicht genug Gelegenheiten, an seine Mutter zu denken und ihr etwas Gutes zu tun? Warum machen wir das noch zusätzlich an einem Tag fest? Ist das auch wieder so ein kommerzieller Trick, wie Halloween und Valentinstag? Ich habe mal bei Wikipedia nachgesehen und erst mal gefunden, dass es eine amerikanische Erfindung einer Methodistin war, die ihre Mutter nach ihrem Tod ehren wollte und sich dafür einiges einfallen lies. Zuguterletzt setzte sie sich dafür ein, dass ein jährlich sich wiederholender Tag sein sollte und das schaffte sie auch. Muttertag in Wikipedia Dann schwappte die Welle nach Deutschland rüber und ….

… In Deutschland wurde der Muttertag 1922/23 vom Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber mit Plakaten „Ehret die Mutter“ in den Schaufenstern etabliert und – betont unpolitisch – als Tag der Blumenwünsche gefeiert. Mit Plakaten in Schaufenstern, kleineren Werbekampagnen und Veranstaltungen bis hin zu Muttertagspoesie wurde dem ersten deutschen Muttertag am 13. Mai 1923 durch den Vorsitzenden des Verbandes, Rudolf Knauer, der Weg bereitet. Ab 1926 wurde die Propagierung des Muttertages an die Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung übertragen, um „Kirche und Schule zu gewinnen und die Regierung dahin zu bringen, den Muttertag am zweiten Sonntag im Mai als offiziellen Feiertag festzulegen“.

Lest mal selbst nach, was danach alles kam. Denn dann ist verständlich, wie wir so alle konditioniert wurden. In der DDR gab’s ja keinen Muttertag (jedenfalls nicht offiziell), dafür hatten wir ja den 8. März. Aber nun wollen doch die Blumenhändler wieder zu ihrem Umsatz kommen und nicht nur die.

Ich habe so meine Probleme mit der Kommerzialisierung unseres Lebens. Es geht aber offensichtlich nicht anders. Ich werde mich damit abfinden müssen. Auch wenn das nicht einfach ist.

Dabei kann ich wirklich froh glücklich sein. Denn ich habe nicht nur eine Mutter. Ich habe/hatte drei. Warum?

Nach der Scheidung meiner Eltern, ich war 11, zog ich zu meiner Oma und hatte das Glück, bis zu ihrem Tod bei ihr leben und lernen zu dürfen. Sie hat mich mehr geprägt, als die elf Jahre, die ich vorher bei meinen Eltern verbracht habe. Schwul war ich schon vorher und das aber ich auch in der Zeit bei meiner Oma begreifen dürfen. Als meine Oma gestorben war, zog ich zu meinem Vater. Von dessen neuer Freundin hätte ich nur lernen können, wie ich mich besoffen am besten auf den Beinen  halten kann. Sie war eine tolle Frau, sehr intelligent. Aber sie hatte ein großes Problem, Alkohol. Deshalb schied sie als Ersatzmutter aus.

Nein, mein dritte Mutter wurde meine Tante Ruth. Sie nahm mich in ihre Familie auf, in der ich heute noch wohlbehütet aufgehoben bin und als Vize Sohn bezeichnet werde. Sie hat mich von meinem 15. Lebensjahr an begleitet und hat manches Opfer für mich gebracht. Und das tut sie immer noch. Denn sie ist eine gute Mutter.

Aber muss ich deshalb ausgerechnet, wenn im Kalender Muttertag steht etwas besonderes machen, damit sie sieht, ich bin noch da? Was mir sonst in dieser stressigen Welt nicht gelingt soll ich an diesem Tag vereint über sie ausschütten? Meinen Dank?

Ich habe sie heute angerufen und ihr gratuliert. Sie hat sich gefreut. Sie kennt es nicht anders, als dass man am Muttertag zu ihr kommt und ihr Blumen schenkt und ihr dankt. Das kann ich auch verstehen, denn sie ist 80. Sie ist sicher auch stolz darauf, Mutter zu sein. Kann sie auch.

Und ich bin stolz darauf, drei Mütter zu haben. Wer hat das schon? Trotzdem bleibt mein Verhältnis zu diesem alljährlichen Ritual gespalten. Vielleicht, weil ich keine Mutter bin.

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