Sonntag, 8. Juli 2012

radfahrende Raser … rasende Radfahrer

Wo liegt der Unterschied?

Nach meinem dritten Unfall auf dem Nachhauseweg am vergangenen Freitag komme ich auch wieder mal dazu, etwas zu schreiben. Eigentlich wollte ich das gleich Freitagabend machen, aber da war ich viel zu aufgeregt und hätte nichts Vernünftiges zustande bekommen. Nun, heute, am Sonntag, bin ich übern Berg und betrachte die Dinge nüchterner. Auch die Fehler, die ich gemacht habe. Was war passiert?

Nun, ich überquerte die Frankfurter Allee an der Stelle, wo ich es seit vielen Jahren tue, Frankfurter Allee/Ecke Ruschestraße, auf der anderen Seite in Schulze-Boysen-Straße übergehende. Nun mach ich das nicht, wie die meisten Radfahrer, auf grün warten (wenn überhaupt) und dann rüber fahren. Nein, ich steige ab und schiebe mein Rad, wie es vorgeschrieben ist.

Auf der anderen Seite angekommen stieg ich dann, das mache ich neuerdings so, am Fahrradweg wieder auf und fahre ein Stück auf ihm entlang (also in der Gegenrichtung), um dann links auf einen Fußweg einzubiegen, der fast nie von Fußgängern benutzt wird, und so wieder auf die Schulze-Boysen-Straße zu gelangen.

Nur, an diesem Freitag kam es gar nicht (bzw. erst nach dem Unfall) so weit, weil beim Linksabbiegen plötzlich ein weiblicher Schrei ertönte, mir jemand in die linke Seite fuhr, ich umkippte und mit dem linken Knie und anschließend der Hüfte aufschlug und …

Ja, was und? Die Dame fuhr weiter. Sie rieb sich die rechte Hüfte, was mir Leid tat, denn sie hatte sich anscheinend auch weh getan. Aber sie fuhr weiter, den Schreck in den Knochen auf ihr nächstes Opfer zu. Oder war sie selbst das Opfer? War ich derjenige, der sie behindert und in den Unfall verwickelt hatte?

Als ich nach Hase kam und Han davon erzählte, erhielt ich die Antwort durch die Frage: “Hast du zuerst nach links geschaut?” Nein, hatte ich nicht. Ich bin fest überzeugt, dass das auch garnichts genutzt hätte, weil die Frau mit so einem Affenzahn an mich geriet und weiter fuhr, dass ein kurzer Blick nach links gar nicht gereicht hätte, um sie in mein Gesichtsfeld zu bringen. Ich weiß nicht, ob das stimmt und werde es nie erfahren aber das ist auch nicht der Punkt. Was mich eigentlich stört und aufregt ist die Tatsache, dass Leute auf dem Fahrrad so schnell fahren, dass sie auf plötzlich eintretende Veränderungen nicht mehr angemessen reagieren können. Na klar hätte ich nach links schauen sollen. Hätte ich sie gesehen, wäre der Unfall nicht passiert. Hätte ich sie nicht gesehen, wäre mein Gewissen reiner, aber der Unfall wäre trotzdem passiert. Also …

Am gleichen Nachmittag bin ich noch zum Fahrradladen in der Storkower Allee gefahren und musste dazu unter der Unterführung der Tunnelbrücke hindurch. Und wie das Leben so spielt, kommt mir natürlich mit einem Affenzahn (wenn ich das als Radfahrer, der durchschnittlich 20  - 22 km/h fährt sage, meine ich also viel schneller) durch diese Unterführung gerast. Da konnte ich mich natürlich nicht zurück halten und schrie sie an: “Fahren sie langsamer!” Ob sie das tat (vermutlich nicht) weiß ich nicht, denn ich drehe mich selten um. Aber mir war leichter ums Herz.

Ich fahre jetzt schon seit mehreren zehn Jahren täglich mit dem Rad zur Arbeit und zurück und will das so lange tun, wie ich kann. Jedoch werde ich noch vorsichtiger sein müssen damit mir nichts passiert, als bisher. Denn anscheinend reichen 17 Fahrradtote im vergangenen Jahr nicht aus um diejenigen, die wie die besengten Säue durch Berlin fahren, davon abzuhalten. Wo kein Richter ist, ist kein Beklagter – wo keiner kontrolliert, machen die Leute, was sie wollen. Menschlich aber (manchmal) tragisch …

2012-07-06 17.32.14 Das war mein Knie, gleich als ich nach Haus kam …
2012-07-08 14.46.57 … und so sieht’s heute aus. Schon besser.