Dienstag, 30. August 2011

Die Rache der Regenhose

Als Herr W. aus Stralau neulich vom Geburtstag seiner Cousine kam, stieg er, eine kurze Rast bei seiner Tante absolvierend, Tomatenreis in seinen Rucksack steckend und sich dafür bedankend, aus dem Auto seines Cousins auf sein im Hausflur der Tante geparktes Fahrrad um.

Zur Vorbereitung dessen musste er jedoch seine Kleidung an den draußen vor der Tür fallenden Regen anpassen, was er gewohnt war, denn er war ein passionierter Radfahrer, der täglich die 5,6km Strecke zur Arbeit und zurück mit seinem Drahtesel absolvierte, Sommers wie Winters. Deshalb hatte er schon lange stets ein rotes Regencape von Vaude, von der gleichen Firma Galoschen und eine Regenhose dabei, die er mal bei Lidl gekauft hatte. Und eben diese Zusatzkleidungsstücke wollte er anziehen, um trocken den Weg nach Hause zurück legen zu können.

Nun, er zog zuerst die Galoschen an, was die Regenhose, die sich in seinem Fahrradkoffer schon auf ihren Einsatz freute, noch mit entspannter Gleichmütigkeit registrierte. Wusste sie doch, dass sie über die Galoschen angezogen werden muss, damit das Wasser, das an ihr herunter läuft, nicht in sie hinein läuft. Also wartete sie geduldig darauf angezogen zu werden. Schon lange hatte es nicht mehr die Gelegenheit gegeben, ihren Besitzer unterwegs vor den Spritzern des Regens zu schützen und so beweisen zu können, dass es die richtige Entscheidung war, sie zu kaufen.

Inzwischen war die zweite Galosche angezogen, wobei Herr W. aus Stralau zwischenzeitlich überlegt hatte, dass eigentlich der Einsatz der Regenhose gar nicht nötig sei, weil es ja nicht wie aus Kannen goss, sondern ein moderater Landregen hernieder ging, der für nicht so starke Spritzer sorgen sollte. Also nahm er sofort nach der zweiten Galosche das rote Regencape zur Hand und begann, es anzuziehen.

Als dies die schwarze Regenhose von Lidl bemerkte, verstand sie plötzlich, dass ihr Einsatz gestrichen war und sie die Fahrt über in der dunklen Box auf dem Gepäckständer zubringen musste, wie schon die letzten trockenen Tage (oder waren es Wochen?) in denen sie sich immer wieder Regen gewünscht hatte. Zuerst war sie erschreckt, dann traurig, dann aber wurde sie langsam wütend und überlegte, was sie tun könne, um die Aufmerksamkeit ihres Besitzers zu erlangen und die Notwendigkeit ihres Getragen Werdens deutlich zu machen. Sie überlegte kurz und sprach dann das Fahrrad an, das geduldig darauf wartete, dass Herr W. aus Stralau es endlich abschloss und es endlich wieder an die frische Luft kam, wo es schließlich hingehörte, denn Fahrräder sind zum Fahren da und nicht zum Herumstehen.

Hey Fahrrad, sagte die Regenhose, ich habe da ein Problem und brauche Deine Hilfe, willst Du mir helfen? Wenn ich kann, sagte das Fahrrad, was soll ich tun? Und beide tuschelten miteinander eine ganze Weile, bis sie sich einig waren und sich freuten, dass sie gemeinsam etwas für die schwarze Regenhose von Lidl tun könnten.

Herr W. aus Stralau bekam davon natürlich gar nichts mit, denn er verstand die Sprache der Dinge nicht, die um ihn herum waren und die sich unterhielten, um sicher zu stellen, dass sie immer genau das Richtige tun, um ihren Besitzer zufrieden zu stellen. Das war äußerst wichtig, denn nur Dinge mit denen ein Mensch zufrieden ist duldet er um sich herum. Alle anderen versucht er immer irgendwie los zu werden, umzugestalten oder nicht mehr zu beachten, bis sie einen qualvollen Tod gestorben sind.

Diese Angst hatte auch der Rucksack von Deuter, den Herr W. nun in die Box zu der schwarzen Regenhose stopfte. Das war nicht einfach, denn in ihm waren noch 6 Stücken Pflaumenkuchen und das Glas mit Tomatenreis. Er, der Rucksack war zwar der ständige und damit auch treueste Begleiter seines Besitzers, aber auch er muss auf der Hut sein, damit er seinen Träger nicht drückt oder gar verletzt, ihm immer bequem ist und nie zu schwer.

Der schwarzen Regenhose war das gar nicht recht, denn sie mochte den Rucksack nicht, weil er erstens blau war, zweitens immer von Herrn W. getragen wurde und drittens selten nass wurde, denn für die Regenhose waren alle Dinge, die sich nicht nass machen lassen wollen, unnütze Dinge.

Herr W. aus Stralau hatte inzwischen das rote Regencape übergezogen, den Helm aufgesetzt, alles ordentlich zugebunden und schloss das Fahrrad ab, trug es die Treppe hinunter, öffnete die Tür und trat nach draußen. Dort nahm er nochmals Abschied von seiner Tante, die aus dem Fenster sah und wartete, dass er losfahren würde. Er gab ihr noch einen Luftkuss, sagte nochmals Tschüss und radelte los.

Es regnete noch, aber das machte ihm nichts aus, denn er war  unter dem roten Regencape vor dem Regen sicher und unten herum schützten ihn die Galoschen. So war er gut gelaunt vom vorangegangenen Treffen mit seinen Verwandten und freute sich auf das Wiedersehen mit seinem lieben Mann zu Hause. Er fuhr und fuhr und merkte plötzlich, dass seine Beine oberhalb der Galoschen hinauf bis zu den Oberschenkeln sich feucht anfühlten. Er wunderte sich darüber, denn es regnete nicht so doll, dass das Wasser so hoch spritzen konnte. Und so versuchte er die Quelle der Feuchtigkeit zu finden. Er beobachtete genau wo er hinfuhr und stellte plötzlich fest, dass sein Vorderrad keiner Pfütze auswich, sondern immer mitten durch fuhr. Das erstaunte ihn, denn sein Drahtesel mochte sonst gar keine Pfützen und fuhr eigentlich immer automatisch an ihnen vorbei. Aber heute war alles anders. Egal, wo Herr W. hinsteuerte, das Rad fuhr immer durch die Pfütze, die ihm am nächsten war. Das war schon ziemlich unheimlich und das war ihm noch nie passiert. Er dachte bei sich: Vielleicht hätte ich doch die schwarze Regenhose von Lidl anziehen sollen. Jetzt ist meine ganze Hose nass. Warum habe ich die denn eigentlich nicht angezogen?

Er dachte sich das nicht nur bei sich, sondern sprach es leise vor sich hin, so dass sein Drahtesel es hörte. Dieser teilte das natürlich sofort der schwarzen Regenhose mit, die sich vor Freude fast nass machte und so ihre kleine Rache genoss.

Denn was war geschehen, als sich die beiden, der Drahtesel und die Regenhose, unterhielten? Die Regenhose fragte den Esel aus, was denn der Herr W. aus Stralau so gar nicht liebte, wenn er mit ihm fuhr, besonders bei Regen. Na, und da wusste der Drahtesel genau, dass Herr W. immer ganz bedacht darauf war, nicht durch Pfützen zu fahren, damit er auch nur nicht von unten nass würde. Und dass er des Öfteren zwar die Galoschen anzog, die Regenhose aber im Koffer ließ. Das war natürlich Wasser auf die Mühle für die Regenhose und sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht anzufangen zu weinen. Gleichzeitig wurde ihre Wut nur größer und so überredete sie den Drahtesel genau das zu tun, was der Herr W. aus Stralau nicht mochte, nämlich von unten nass zu werden, in dem das Fahrrad durch jede mögliche Pfütze fahren sollte, die ihm in die Quere kam. Was es ja dann auch tat.

Auf der Fahrt nach Hause überlegte Herr W. aus Stralau, dass es wohl besser sei, zukünftig auch die Regenhose anzuziehen, damit diese auch zu ihrem Recht kam, sich zu beweisen. Und als er das überlegte kam ihm plötzlich der Gedanke, ob nicht die Regenhose etwas mit dem seltsamen Verhalten des Drahtesels zu tun haben könnte. Er überlegte noch einmal und kam auf die Idee, dass es sich genau so verhalten könnte, wie es auch tatsächlich passiert ist, nämlich dass die Regenhose gemeinsame Sache mit dem Drahtesel machte und dafür sorgte, dass er von unten nass würde. Und so kam es, dass er, nachdem er nach Hause kam, sich an seinen Lap Top setzte und anfing zu schreiben.

Als Herr W, aus Stralau neulich vom Geburtstag seiner Cousine …

Sonntag, 14. August 2011

Regenbogen über Stralau gesichtet

Am Freitag Abend konnte ich wieder mal erleben, wie ich mich doch noch wie ein Kind freuen kann, obwohl ich ja nun bereits über 40 bin. Es gibt für mich offensichtlich einige Dinge, die einfach nicht vergehen, geschehe, was wolle. So auch die Freude über einen Regenbogen, den Han und ich am Abend sehen konnten. Eigentlich wollten wir zuerst gar nicht raus gehen. Als wir dann doch, unter einem Regenschirm, am Ufer vorn ankamen, sah ich, die Sonne im Rücken, vor uns einen geschlossenen Regenbogen. Das soll selten sein, weil es meistens nur für einen partiellen reicht. Kommt wahrscheinlich darauf an, wo man sich gerade befindet und wie viel Platz da ist.

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Ich habe mich so gefreut, auch dass ich meine Kamera dabei hatte und das Spektakel somit knipsen konnte. An diesem Abend war sowieso etwas ganz besonderes am Himmel, nicht nur der Regenbogen. In Richtung Westen, also Sonnenuntergang, war der Himmel aus Gold. Über und über aus Gold. Wir wollten das vom Friedhof von Stralau aus fotografieren und beeilten uns sehr, dort schnell hinzukommen. Aber schon unterwegs bemerkte ich, dass dieses Goldphenomen viel schneller vergehen würde, als wir den Friedhof erreichen könnten. Ich habe zwischendurch mal ein Foto gemacht, aber das ist nicht perfekt geworden. Die Farbe des Goldes ist aber noch zu erkennen (hoffentlich).

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Als ich dann am Friedhof war und wieder in Richtung Westen sehen konnte, war schon fast alles vorbei. Schade. Ich habe aber trotzdem ein paar Fotos gemacht. Ich hoffe, man erkennt noch, dass es sehr schön gewesen sein muss, was da fünf Minuten vorher passiert war.

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Ich lebe jetzt schon 13 Jahre in Stralau. Und es hält immer noch Überraschungen für mich bereit. So, wie an diesem Freitag Abend.

Sonntag, 7. August 2011

Sommergedanken

Alle reden über den Sommer. Komme ich Montags zur Arbeit, ist die erste Meinung: Scheiß Wetter gewesen, wa? Schaue ich dann mal die Abendschau, wird dort auch Zeit damit verschwendet indem gezeigt wird, wie die Berliner entweder über den Regen meckern, über den Sommer diskutieren oder, in diesem Jahr selten, über die Hitze stöhnen. Was soll das eigentlich?

Mir persönlich ist ein “grüner Sommer” lieber als ein “brauner”. Wenn ich noch an den Sommer vor zwei Jahren denke, als es ca. sechs Wochen nicht geregnet hat und die Bäume anfingen, ihre Blätter im Juli abzuwerfen, dann ist mir das Wetter so, wie in diesem Sommer, lieber. Ich habe mir einfach mal ein paar Vor- und Nachteile nebeneinander gelegt. Das brachte mir interessante Einsichten.

Vorteile: Nachteile
kein Sonnenbrand blasses, krankes Aussehen
kein Hitzschlag öfter Strickjacke tragen
grüne Wiesen und Blätter oft nass beim Fahrrad fahren
weniger Grillverrückte keiner
einfacher zur Arbeit zu gehen am Wochenende regnet es auch
weniger gießen im Garten Tomaten reifen nicht
geringerer Wasserverbrauch weniger auf der Terrasse sitzen
   

Wenn ich länger nachdenken würde, kämen sicher noch viele dazu. Aber vielleicht fällt ja dem lieben Leser noch das eine oder andere ein und er vervollständigt dadurch die Tabelle. Würde mich freuen.

Dieser Sommer hat auch möglich gemacht, dass ich ein paar Fotos machen konnte, die ich sonst vielleicht nicht geknipst hätte.

Beispiele:

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Hätte es nicht vor dem und am 30.07. so lange (drei Tage am Stück) hätte ich diese Aufnahmen nicht machen können (oder ein anderes Mal).

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Andererseits ist es natürlich schön, abends noch spazieren gehen zu können und gleichzeitig zuzusehen, wie die Sonne sich verabschiedet.

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Und wenn es trocken ist, kann man natürlich auch solche Artgenossen finden. Wenn es regnet, ist das schwierig.

Es gibt bei allem Vor- und Nachteile. Des einen Eule ist des anderen Nachtigall, sagt man doch, oder. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er angenehm oder unangenehm empfindet. Aber eines dürfte klar sein, meckern hilft nix und ändern können wir’s auch nicht.